„Ya wanna cum fishin`?“

Der nächste Tag startete mit guten Verheißungen: Wir waren ausgeruht wie Eichhörnchen nach einem langen Winterschlaf. Eine Nacht auf einer echten Matratze war nach einer guten Woche Isomatte ein wahrer Luxus für uns geworden. Die Sonne lachte vom hellblauen Morgenhimmel und wir luden Bruce, der heute Russell schon wieder verlassen musste, noch auf einen Kaffee ein. Während wir dort am wackeligen Blechtisch in der Morgenfrische saßen und unsere Wachmacher schlürften, belustigte sich Bruce and der deutschen „pictures“-mit-dem-harten-„p“-statt-„photos“-mit-dem-sanften-„ph“-Aussprache. Daran erkenne man einen Deutschen im Ausland: „ Sori, kän ju taik a pickture, plees?“. Ich war positiv überrascht, dass das „picture“-Klischee uns noch vor dem „Hitler“-Klischee traf – vielleicht gibt es doch noch eine Änderung in dem Stereotypen der Deutschen im Ausland.

Nachdem wir uns von Bruce verabschiedet hatten, fläzten Rani und ich uns erst einmal an den Kiesstrand von Russell. Die Sonnenstrahlen genießen. Uns überraschen lassen, was der Tag noch so bringen wird. „Go with the flow.“

Wir dösten also so vor uns hin, als wir von quietschenden Reifen aus unseren Tagträumen gerissen wurden. Aufgeschreckt wie die Hühner drehten wir uns um, um einen roten Sportwagen zu erblicken, der direkt hinter uns mit rauchenden Reifen zum Stehen gekommen war. Heraus sprangen nun drei junge Burschen – nicht älter als 18. Die Youngsters von Russell. Rani und ich grinsten uns belustigt an und legten uns beruhigt wieder in eine angenehme Sonnenbadposition. Die Kerle drückten sich einige Zeit um uns herum, schlenderten den Steg auf und ab, lehnten sich cool ans Geländer und spuckten ins Wasser. Dabei beobachteten sie uns die ganze Zeit. Wir drifteten schon wieder in unsere Träumereien ab, als einer von ihnen uns vom Steg aus zurief, ob wir nicht mit zum Fischen kommen wollen. „Oi girlz! Ya wanna cum fishin´?“ – so sein Wortlaut.
Mein Interesse war geweckt – wir hatten keine Pläne. Wir waren in Neuseeland. Warum also nicht mit diesen jungen Hupfern für einen Tag fischen gehen? Wir riefen ihn zu uns an den Strand runter. Er kam grinsend auf uns zugeschlendert – die Hosen baggy, das T-Shirt mit buntem Aufdruck, die Mütze schräg. Die anderen blieben in Deckung – falls wir ihrem Freund etwas antun würden. „Okay-“, stimmte ich zu, „wir kommen mit.“ Sein Kiefer fiel nach unten – was das Grinsen nicht beeinträchtige, es nur noch schiefer erscheinen lies. Damit hatte er nicht gerechnet. Er müsse zuerst seinen Boss fragen, druckste das vorher so selbstsichere Großmaul leise rum.

„Wie – Boss? Ich dachte, wir gehen angeln?“ – „Nein. Fischen. Auf einem richtigen Kutter. Eine Woche lang.“
Damit hatten wir wieder nicht gerechnet. So haben beide Teams ihre Überraschung abbekommen.
Am selben Abend noch stachen wir in See. Setzten die Segel und stürzten uns, tollkühn wie Piraten, in reißende Wellen, tobende Stürme und ausgehungerte Haifischschwärme. Eine Woche lang würde der Ozean unser Zuhause sein.

Das Team:
Adam – der Boss des Bootes, Kapitän ohne Kapitänsmütze, Steuermann ohne Steuerrad aber Computerbildschirm, Koch, Aufpasser über seine Jungs

Campbell (der Junge, der uns gefragt hatte) – 1.Matrose, mutig, ehrgeizig, großes Herz

Maddie – 2.Matrose, hart, megacool, tätowierter Kettenraucher
Mad – 3.Matrose, pummelig, ungeschickt, fällt ständig hin

Als Abendessen gab´s Fish´n Chips – wie einfallsreich. Mir wurde nach dem 3. Bissen übel, schaffte es gerade noch, mich in mein Hochbett in der Gemeinschaftskajüte zu ziehen (wofür ich ungefähr eine gefühlte Stunde brauchte – Mad musste mich anschieben), blieb in Klamotten liegen und hoffte auf kleineren Seegang. Tja: man soll den Tag nicht vor dem Abend loben.