Positives und negatives

Meine erste negative Erfahrung bezüglich der Gastfreundschaft der Neuseeländer musste ich auf meiner erneuten Jobsuche machen. Auf einer Farm, wo hauptsächlich Früchte angebaut und dort auch gleichzeitig in einem Geschäft verkauft werden, war man auf die Frage nach einem Job wenig freundlich gestimmt. Warum wir denn überhaupt hierher kommen und nicht zurück nach Deutschland fahren, denn hier gäbe es sowieso nicht genug Arbeit. Nicht einmal die Einheimischen fänden einen Job. Die Art und Weise, wie sie dies gesagt, hat totale Missbilligung ausgedrückt. Die offene Ablehnung hat uns schon getroffen, weil man uns als backpacker, im Grunde genommen Touristen, immer freundlich begegnet ist. Wenn man unsere bisherige Reise betrachtet, war dies ein absoluter Einzelfall, der aber schon die in diesem Jahr nicht einfache Lage bezüglich der Jobsuche in Neuseeland zeigt. Wenn die richtige fruitpicking Saison im Februar losgeht, wird sich diese Situation sicher wieder ändern. Auf der Seite von picknz.co.nz bekommt man auch eine Info, wie viele Jobs in welchem Monat ungefähr zur Verfügung stehen. Ein Besuch der Seite lohnt sich daher auf alle Fälle, wenn man einen Job sucht – und das vor allem zur richtigen Jahreszeit!

Hartes Berufsleben

Kaum auf der Kiwiplantage aufgehört zu arbeiten, geht es gleich bei den Äpfeln weiter. Auf unserer erneuten Jobsuche waren wir auch bei picknz in Hastings, um nach Arbeit zu fragen. Die Masse an backpackern, die dort bereits im Büro saß, entmutigte erstmal. Einen Tag später erhielten wir eine Textnachricht, dass wir uns bei einem Besitzer einer Apfelorchard in der Nähe von Havelock North melden sollen. Tatsächlich hat es am Ende geklappt und wir haben den Job bekommen. Wir haben somit vom Kiwi- ins Apfelgeschäft gewechselt, wobei man beides nicht wirklich vergleichen kann. Die Arbeitsbedingungen: Sechs Tage die Woche und neun Stunden täglich arbeiten. Die Hauptaufgabe besteht darin, die überflüssigen Äpfel vom Baum zu lesen, damit die anderen größer werden und vor allem die Äste nicht abbrechen. Und teilweise hängen dort so viele Äpfel an den Bäumen, dass man nicht weiß, wo man zuerst abreißen soll. Wenn man dann abends die Augen schließt, sieht man nur noch Zweige mit Äpfeln dran. Die Arbeit ist im Vergleich zum pruning bei der Kiwipflanze (Äste verschneiden, die keine Früchte tragen) körperlich wesentlich anstrengender. Normalweise sind die Bäume so hoch, dass man eine Leiter benötigt, die man dann immer weitertragen muss – rauf und runter auf der Leiter. In der Regel wird man pro Baum bezahlt, was dann von der Größe und der Anzahl der dort dranhängenden Früchte abhängt. Das reicht dann von 0,80 Cent bis 15 euro pro Baum. Wenn man wirklich viel Geld verdienen möchte beziehungsweise erst einmal den Mindestlohn von 12,50 erreichen will, muss man wirklich schnell sein. Nur wirklich das vom Baum entfernen, was notwendig ist – nicht mehr und nicht weniger. Je mehr Äpfel man unnötig entfernt, desto mehr Zeit verliert man. Hier ist Zeit wirklich bares Geld!!!

Nachdem man eine Reihe fertig gestellt hat, kommt dann die Qualitätskontrolle des Verwalters. Hat man zu viel übersehen, muss man die Reihe wohl oder übel noch mal machen. Das kostet Zeit und damit auch Geld und was noch viel schlimmer ist, die Motivation leidet erheblich darunter. Nach zwei Tagen apple thinning in der Hitze wurde uns an Herz gelegt, darüber nachzudenken, ob wir am Montag wiederkommen wollen. Sein Urteil war, dass wir qualitativ sehr gute Arbeit leisten, aber zu langsam sind. Bisher kommen wir auf einen Bruttostundenlohn von 9 Dollar. Natürlich kommt die Schnelligkeit mit der Erfahrung, das heißt je mehr Tage man gearbeitet hat, desto schneller geht einem die Arbeit von der Hand.

Trotzdem fragt man sich am Ende schon, ob es das wirklich wert ist, für diese wirklich körperlich anstrengende Arbeit nur umgerechnet einen Hungerlohn von rund 4,50 Euro pro Stunde zu verdienen. Wir werden darüber nachdenken und uns an unserem einzigen freien Tag, einen Sonntag entscheiden, ob wir weitermachen oder nicht. Es wären sowieso nur noch zwei Wochen. Zur Not haben wir noch die Adresse fürs Himbeerpflücken. Wenn alle Stricke reißen, werden wir es dort probieren.

Kleine Katastrophen am Rande

Dabei bräuchten wir das Geld jetzt wirklich dringend. Nicht nur weil es auf Weihnachten zugeht und man bei dem Versand der ganzen Weihnachtskarten nach Deutschland schon ordentlich Geld gelassen hat, sondern auch aus einem anderen Grund. Auf der Fahrt von Orchard zu Orchard kam uns einen größerer Van entgegen, der einen Stein aufgewirbelt hat, der – wie sollte es auch anderes sein – genau auf unserer Windschutzscheibe einschlug. Das Ergebnis war ein ungefähr 20 cm großer, spinnennetzartiger Steinschlag in der Mitte der Scheibe. Glück im Unglück – zumindest ist es nicht im Sichtfeld, sodass wir für den Moment weiterfahren konnten. Man hat uns zwar gewarnt, dass so etwas bei den neuseeländischen Straßenverhältnissen schnell passieren kann, aber irgendwie ist das wie mit einem Brand oder Diebstahl – so was wird mir schon nicht passieren. Nun ist es doch passiert und die Windschutzscheibe muss ausgewechselt werden. Erst hofften wir noch, weiterfahren zu können. So frei nach dem Motto „so lange es nicht reinregnet….“. Aber bereits nach 8 Kilometern haben sich die Risse rund 3 cm ausgedehnt – no way. Insgesamt kostet das rund 300 Dollar, die man auch in Weihnachtsgeschenke hätte investieren können…Sozusagen arbeiten wir jetzt für eine neue Scheibe.

Wenigstens gibt es in Neuseeland den „vor-Ort-Service“. Der „Glassman“ kommt auf die Plantage und wechselt die Scheibe gleich dort und das ohne Mehrkosten!

Neuseeland scheint komische Auswirkungen auf mich zu haben. Beide Paar Turnschuhe (neu gekauft und nicht mal billig) und meine Flipflops sind kaputt gegangen, ich habe mein Handy und das Netzkabel von meinem Laptop verloren – zum Glück beides dank freundlicher Menschen wiedergefunden – und mein Gürtel ist urplötzlich gerissen. Schon merkwürdig, aber so was ist mir zu Hause nie passiert. Jetzt noch die Scheibe. Man kann sagen, dass es nie langweilig wird und man fast jeden Tag eine mehr oder minder große Katastrophe erwarten kannJ.

Campingplatzbekanntschaften

Die Arbeit hält uns noch ein wenig länger in Hawke’s Bay fest, sodass wir wohl Weihnachten und Silvester hier verbringen werden. Mittlerweile kennt man als Dauercamper auf demselben Campingplatz schon langsam alle alt eingesessenen Bewohner und man tauscht sich aus: „Wie gehts, wie war die Arbeit heute, was macht ihr morgen?“ Dabei haben wir auch Freundschaft mit einer Tschechin und zwei Franzosen geschlossen, mit denen wir nun die abendliche freie Zeit verbringen und oft gemeinsam kochen. Von tschechische Palatschinken, Couscous bis hin zu Bratkartoffeln ist alles dabei. Zusammen haben wir angefangen Spanisch zu lernen und ich hoffe, dass nach der Zeit hier noch was hängen bleibtJ. Dieses Zusammensitzen genießen wir wirklich. Man kann viel von den anderen lernen, nicht nur sprachlich gesehen, sondern auch von der Lebenseinstellung und der anderen Kultur. Es ist fraglich, ob man nach Neuseeland noch irgendwie in Kontakt bleibt, aber diese Art von Bekanntschaften erweitern den eigenen Horizont. Man wird sich noch Jahre danach daran erinnern und sich fragen, was aus den anderen wohl geworden ist. Erfahrungen, die einen für das Leben prägen und die man nicht mehr missen möchte. An diese Zeit werde ich mich garantiert gerne zurück erinnern. Das macht die Sehnsicht nach meinem Freund grade ein wenig erträglicher.

Anders als geplant

Rückblickend auf die letzten Wochen, jetzt ja schon Monate, ist es schon verwunderlich, dass wir so lange auf der Nordinsel geblieben sind. Viele meinten, dass die Südinsel viel schöner ist – more scenic!!! Wahrscheinlich verbringen wir am Ende mehr Zeit im Norden als im Süden, aber es kommt ja immer anders als man denkt. Wir verdienen jetzt nicht nur Geld für eine neue Scheibe, sondern auch für die Fährüberfahrt. Mit einem Van kann man pro Person mit rund 230 bis 250 Dollar rechnen. Gut beraten ist man, wenn man bereits vorher auf der Internetseite von interislander.co.nz bucht. Dort gibt es einen bestimmten web-saver-Preis, der meist günstiger ist, als vor Ort zu bezahlen. Dort kann man sich ebenso die günstigsten Zeiten raussuchen. Dies ist dann meistens nachts und außerhalb der Ferienzeit, die ungefähr bis Ende Januar geht. Insgesamt dauert die Überfahrt von Wellington bis Picton auf der Südinsel rund 3 Stunden