Heimweh

Nach unserem kleinen Bad im Meer (ich bin über einen Rochen geschwommen! – unabsichtlich) brachen wir dreisten Drei auch schon wieder auf und es ging gen Süden – heimwärts für Campbell. Er sehnte sich langsam schon nach seinen „mates“ und wurde ein wenig zickig. Außerdem war er ständig hungrig und konnte sich mit unseren kleinen Picknicks – hauptsächlich bestehend aus leicht zu transportierender Rohkost und kalten Konservendosen – nicht anfreunden. Er brauchte fast food restaurants, Chips und mindestens einmal am Tag seinen „pie“: ein rundes Blätterteigküchlein mit Fleisch gefüllt. Natürlich mit „Watties“- Tomatensauce oben garniert. In Neuseeland wird nichts ohne die gute alte rote Soße serviert.

Hungrige Zicke oder nicht – einen Stopp mussten wir noch einlegen. Ein Geheimtipp auf der to-do-Liste seines Vaters war noch nicht weggestrichen. Wir bogen also nach zweistündiger Fahrt auf dem State Highway 10 ab und gelangten auf eine Straße, die uns hoch bis an die Spitze der Karikari Halbinsel führte. Schließlich kamen wir zu einer verlassenen, winzigen Bucht. Gleichmäßig gebogen wie ein Hufeisen lag der überschaubare Strand vor uns. Das Wasser schlug ruhige Wellen auf den goldgelbenen Sand und Seemöwen pickten gierig an schwarz glänzenden Steinen auf ihrer Suche nach Krabben. Die Windstille legte ihre friedliche Decke über diesen magischen Ort.

Wir waren allein, aber nicht einsam.

Kennst du diese Art von besonderen Orten, von denen du dir wünschst, noch einmal im Leben dort hinzukommen? Ich habe dieses Gefühl auf meiner Reise per Anhalter durch Frankreich zum ersten Mal erfahren, als ich mich in ein Fleckchen Erde verliebt habe. Diese Bucht ließ das Gefühl wieder in mir hochsteigen. Ein Gefühl, gemischt von Heim- und Fernweh. Man fühlt sich eingehüllt in Geborgenheit – und doch ist es nicht dein Zuhause. Feimweh.
Wir saßen auf dem kleinen Abhang eines Graswalles, der vom Parkplatz aus die Sicht auf die Bucht verbarg. Das Gras war kniehoch, dicht und weich. Man versank darin wie in einem duftenden Heuhaufen. Die Halme schmiegten sich an uns und kitzelten unsere nackten Waden.

Campbell kochte groß auf: er zerrte eine 50 L Flasche Gas, eine Schnellkochplatte, einen Pfannenwender, einen 10 L Kanister Öl und tiefgekühlte „hash browns“ (Weiß Gott, wie er die kühlen hatte können), aus dem Auto. So saßen wir in unserer „Wiesen-Couch“, schnabulierten die vor Fett triefende Kartoffelpuffer und ließen die Abendstimmung auf uns wirken. Wie in einem richtigen Zuhause eben.